Wimmel-Max und Wimmel-Biene entdecken Deutschlands Bauernhöfe
Das Kinderbuch „Wimmel-Max und Wimmel-Biene entdecken Deutschlands Bauernhöfe“ ist 2021 in der ersten Auflage erschienen. Es markiert das erste Buch einer aufzubauenden Wimmel-Max-Reihe und wird seit November 2021 vom deutschen Lebensmitteldiscounter LIDL vertrieben. Mit dem Kauf jedes Buches werden fünf Euro an landwirtschaftliche Vereine gespendet. Als Zielgruppe stehen Kinder im Vorschul- bis ins Grundschulalter im Fokus. Das Buch selbst sieht es als zentrale Aufgabe, über die moderne Landwirtschaft zu informieren und den Verbraucher:innen die Bedeutung regionaler und saisonaler Produkte näherzubringen. Da stets ein mobiles Endgerät verfügbar sein muss, wäre ein Einsatz in privaten informellen Lernkontexten denkbar oder als Anschaffung für die Schulbibliothek, wobei hier eine zusätzliche Möglichkeit zum Abhören der auditiven Inhalte gewährleistet sein muss. Eine analoge Nutzung ist auch möglich, ist jedoch nicht so zielführend wie mit der Zugabe des Audiomaterials.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung des Kinderbuches haben die Lernenden die Möglichkeit, zahlreiche Kompetenzen rund um das Thema Landwirtschaft im Nahraum zu erwerben, die sich in den Lehrplänen der Bundesländer wiederfinden. So ist vielfach verankert, dass die Schüler:innen landwirtschaftliche Produkte aus der Region benennen und beschreiben können. Das Buch hält dafür für jedes Bundesland eine Doppelseite bereit, auf dem die Kennzeichen der Landwirtschaft in den Regionen gezeigt werden. So ist beispielsweise für Niedersachsen die Milchviehhaltung charakteristisch, daneben wird häufig Mais zur Fütterung oder als Produkt für die Energieerzeugung in Biogasanlagen angebaut. Für die Landwirtschaft in Bayern hingegen ist die Almwirtschaft eine häufige Wirtschaftsform, generell werden weniger Tiere gehalten und die Betriebe sind weniger stark spezialisiert. Produkte wie Käse oder Schinken werden in Landkäsereien oder Landfleischereien hergestellt. Ackerbaulich ist Hopfen weit verbreitet, der zum Brauen von Bier genutzt wird.
Neben den inhaltlichen Kompetenzen wird durch die Bedienung der Webseite mit den Audiobeiträgen Medienkompetenz gefördert. Durch die Aufforderung zum Finden einzelner Figuren oder Punkte können die Kinder ihre Orientierung auf Abbildungen schulen und lernen, aufmerksam zuzuhören.
Aufbau und Analyse des Kinderbuches
Das Buch ist ein Pappbilderbuch, das insgesamt 34 Seiten umfasst. Zusätzlich muss mithilfe eines QR-Scans Audiomaterial abgerufen werden. Auf der Titelseite sind die beiden Hauptakteur:innen zu sehen – Wimmel-Max und Wimmel-Biene mit ihrem Hund Charly. Auch der Titel des Buches sowie der Verlag sind erkennbar. Ralf Richter, der als Erzähler fungiert, ist ebenfalls abgebildet. Die erste Doppelseite gibt eine kurze Einführung in den Aufbau des Buches. Es werden zwei unterschiedliche QR-Codes ausgewiesen, welche die beiden Zielgruppen Kinder und Erwachsene gezielt ansprechen. Auf der rechten Seite wird zusätzlich in die Geschichte eingeführt, mit der das Buch beginnt. Diese wird neben den Audiobeiträgen ausführlich mit einem 3-minütigen Video veranschaulicht. Im unteren Teil befindet sich eine Deutschland-Karte, aus der die Bundesländer mit ihren Grenzen hervorgehen. Diese sind nummeriert und in der nebenstehenden Tabelle aufgelistet, sodass sie schnell gefunden werden können. Begonnen wird in Niedersachsen, es folgen Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin-Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Länder werden mit der Wimmel-Bahn bereist, weshalb die Strecke mit einer Bahnschiene nachgezeichnet ist.
Auf den Seiten befinden sich ausschließlich Bilder, welche den Aufbau von Betrieben, die naturräumlichen Bedingungen und verschiedene Personen zeigen, die unterschiedliche Tätigkeiten ausüben, die mit der landwirtschaftlichen Produktion oder dem Konsum landwirtschaftlicher Produkte zu tun haben. Die Rückseite des Buches bedankt sich bei den Förderern und beinhaltet ein Impressum sowie ein Dank an alle weiteren Mitwirkenden.
Die Erläuterungen und Beobachtungshinweise zu den Bildern befinden sich in den Audiobeiträgen, die von Ralf Richter, der in diesem Kontext als „Onkel Ralf“ eingeführt wird, eingesprochen wurden. Während der Einstieg in das Kinderbuch mit einem kleinen Video erfolgt, sind die Beiträge zu den Bundesländern ausschließlich Audiospuren. Sie sind zwischen 10 und 25 Minuten lang.
Reflexion
Das Buch ist abwechslungsreich, bunt und insbesondere für Kinder spannend gestaltet ist. Sie können auf den Seiten viel entdecken und haben begleitend mit den Audiobeiträgen einen zusätzlichen Einblick in die landwirtschaftlichen Zusammenhänge. Konzeptionell kann dieses Modell allerdings kritisiert werden, da es die jungen Lernenden möglicherweise überfordert, zwei Medien gleichzeitig zu nutzen. Auch Gelegenheiten zur Ablenkung sind durch das digitale Endgerät, was hinzugezogen werden muss, in besonderer Weise gegeben. Zu bedenken ist auch, dass das Buch ohne eine entsprechende Leitung nur ein Bilderbuch ist. Es gibt auf den Seiten keine schriftlichen Erläuterungen zu den Abbildungen. Gerade für junge Lernende wäre dies wünschenswert, um sie durch die Vielzahl an Medien nicht zu überfordern.
Der Einstieg in das Buch wird mehrfach vollzogen: Einmal bebildert und mit entsprechenden Unterschriften im Buch, dann digital auf der Webseite mit einem Film und zusätzlich beim auditiven Beitrag zum Bundesland Niedersachsen. Bereits hier zeigt sich, dass einige Inhalte redundant sind. Inhaltlich sind die Audiobeiträge spannend. Allerdings wird ihr Potenzial nicht vollends ausgeschöpft. Geräusche oder Laute, die typisch sind, könnten mit aufgenommen werden, um die Bilder „lebendiger“ zu machen und zusätzlich Motivation und Spannung zu erzeugen. Insgesamt ergänzen die Audiospuren den Buchteil gut und geben eine Orientierung auf den Wimmelbildern. Eine Erläuterung ist in jedem Fall erforderlich, da die Darstellungen der Tätigkeiten auf den Bildern nicht für sich sprechen. Die Aussagen sind teilweise stark didaktisch reduziert und verkürzt dargestellt, sodass es zu Pauschalisierungen kommt. Besonders augenscheinlich ist dies bereits, bei der bundeslandspezifischen Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft. Während im nördlichen Niedersachsen (Küstenregion) die Milchviehwirtschaft dominiert, sind die Geestlandschaften charakterisiert durch die Veredelungswirtschaft sowie den Anbau von Obst und Gemüse. Weiter im Süden finden sich die Bördegebiete mit dem intensiven Ackerbau, in dem Zuckerrüben, Getreide und andere anspruchsvollere Früchte angepflanzt werden. Eine diversifiziertere Betrachtung wie diese, bei der weniger auf die Bundesländer sondern auf die naturräumlichen Großräume eingegangen würde, wäre vielleicht zielführender gewesen. Hinzu kommt, dass die Stadtstaaten nicht durchgängig separat betrachtet werden: Bremen und Hamburg werden einzeln angeschaut, Berlin in Verbindung mit Brandenburg. Ein einheitliches Vorgehen wäre auch an dieser Stelle wünschenswert. In den Erläuterungen des Audiobeitrags wird zudem eine einseitige Darstellung der Sachverhalte vorgenommen. Eine gewisse Kontroversität, die beispielsweise die Haltung von Tieren oder die schwindende Biodiversität aufgreifen, wird nicht bedient. Teilweise wird die Landwirtschaft zu idyllisch dargestellt.
Auffällig ist zudem die Arbeit mit Werbung. Während andere Kinderbücher bewusst ohne diese Ablenkungen gestaltet werden, kommt sie hier – bedingt durch die Kooperationspartner:innen – verstärkt zum Einsatz. Besonders ist, dass die Bundesländer, in denen die Unternehmen ihren Firmensitz haben bzw. hohe Gewinne erzielen, mit besonders viel Werbung gespickt sind (z. B. Niedersachsen oder Bremen). Bundesländer, in denen die Sponsor:innen weniger bzw. gar nicht aktiv sind, weisen keine Werbung auf (z. B. Thüringen oder Berlin-Brandenburg).
Ein weiterer kritisch anzumerkender Punkt ist der Umgang mit stereotypen Berufsbildern. Berufe, die überwiegend dem weiblichen Geschlecht zugesprochen werden (z. B. Erzieher:in, Kellner:in, Reitlehrer:in), sind auch weiblich gezeichnet. Eher typisch männliche Berufe wie Landwirt:in, Traktorist:in oder Zimmermann/frau sind stereotyp als männliche Figuren dargestellt. Eine objektivere Betrachtung, die sich von diesen klaren Zuweisungen distanziert, wäre wünschenswert.
Resümierend kann festgehalten werden, dass das Kinderbuch einen interessanten, innovativen und für Kinder sehr motivierenden Zugang zu landwirtschaftlichen Lerninhalten bietet. Die Kombination von visuellen und auditiven Formaten ist neu, spannend und für Kinder altersgerecht und motivierend. Allerdings ist die Konzeption bedingt durch die Vielzahl an Ablenkungen, die sich durch die Nutzung eines digitalen Endgerätes ergeben, zu hinterfragen. Zudem sollte mehr auf Diversität, Kontroversität und Ausgeglichenheit bei der Auseinandersetzung mit den Sachverhalten geachtet werden. Auf Werbung, Idyllisierung der Themen sowie die stereotype Darstellung von Berufen und Geschlechtern sollte verzichtet werden. Für Kinder, die geübt im Lernen mit mehreren Medien sind, ist das Buch eine Ergänzung und bietet viele Möglichkeiten, Neues zu entdecken.
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