Schulgarten im Unterricht – von Mathematik bis Kunst
Das Heft „Schulgarten im Unterricht – von Mathematik bis Kunst“ ist 2010 erstmalig erschienen und wurde vom aid Infodienst für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegeben. Dabei handelt es sich um eine Handreichung, die unterschiedliche unterrichtliche Zugänge zum Thema Schulgarten für Lehrkräfte bereitstellt. Die Schwerpunkte liegen bei der Untersuchung von Böden und Gewässern, Insekten und Vögeln im Schulgarten sowie auf den verschiedenen Baum- und Pflanzenarten. Es werden hilfreiche Tipps zur Umsetzung im Unterricht aller Fächer gegeben. Alle Kapitel des Heftes behandeln das Thema Landwirtschaft.
Lernziele und Kompetenzen
Die verschiedenen Themen ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern[1], zahlreiche Kompetenzen zu erwerben, die sich in den unterschiedlichen Lehrplänen der Bundesländer wiederfinden. Klassische Unterrichtsthemen wie der Lebensraum See, die Entwicklungsstadien von Fröschen oder das Anlegen eines Herbariums werden thematisiert. Auch kreative Zugänge wie zum Beispiel die Erstellung eines eigenen Baum- und Strauchlehrpfades oder die Beobachtung eines Nistkastens mithilfe einer Webcam sind in dieser Handreichung enthalten. Der Blick über den Tellerrand des Faches Biologie wird durch verschiedene Projekte realisiert, die in anderen Schulfächern, wie Mathematik, Kunst oder Deutsch, verortet werden können.
Diese breite inhaltliche Aufstellung ermöglicht einen vielfältigen Einsatz im Unterricht. Fachübergreifendes Arbeiten z.B. in Form einer Projektarbeit im Schulgarten finden ebenfalls umfangreiche Berücksichtigung. Anregungen für diverse Experimente und Projekte werden gegeben sowie Materialien und Informationen dazu zur Verfügung gestellt.
Analyse
Aufbau des Heftes
Die Handreichung bietet umfangreiches Informationsmaterial und Anregungen zur Annäherung an den Schulgartenunterricht an, die sich auf acht Kapitel verteilen. Die Kapitel haben einen unterschiedlichen Umfang und thematisieren verschiedene Schwerpunkte. Jede Seite gibt Beschreibungen zur unterrichtlichen Umsetzung, zu Zielen, Umfang, benötigten Materialien und zum Praxistransfer. Das Heft beginnt mit drei einleitenden Seiten, einem Inhaltsverzeichnis und einem Vorwort. Die Kapitel bestehen aus Doppelseiten, die mit Bildern, Skizzen, Tabellen und Texten gespickt sind und auf den Seiten abwechslungsreich miteinander kombiniert werden.
Im ersten Kapitel wird das Biotop des Gartenbodens behandelt. Die erste Doppelseite beschäftigt sich mit der genauen Untersuchung des Bodens, wobei ein besonderer Fokus auf die erste Begegnung gelegt wird. Das Erkennen als lebendiges Biotop, das Kennenlernen der Bodenstrukturen und das Anwenden von Bodenuntersuchungsmethoden stehen im Vordergrund. Es folgt eine Doppelseite, in der die Schüler die Arbeit von Destruenten erkennen sollen. Der Kompost als lebendiges Biotop, der Kompostiervorgang sowie die unterschiedlichen Zersetzungsstufen von Laubblättern werden betrachtet. Über Experimente wird ein weiterer Zugang zur Thematik geschaffen. Auch der Abbau von Ekelempfindungen und die Förderung von Faszination für die biologischen Prozesse sind als zentrale Zielsetzung auszumachen. Die nächste Doppelseite thematisiert die Beobachtung von Regenwürmern. Ihr Körperbau, ihr Verhalten und ihre Lebensweise werden mithilfe eines Beobachtungskastens untersucht. Auf diese Weise erkennen die Schüler auch die Bedeutung der Regenwürmer für die Bodenbildung. Auf der nächsten Seite wird das Verhalten von Asseln untersucht. Dazu wird ähnlich wie zuvor beim Regenwurm der Körperbau und die Lebensweise der Tiere in den Blick genommen. Es folgen Versuche, mit denen das Verhalten der Asseln studiert werden kann. Fokussiert wird im Rahmen der Bearbeitung des Themas das geduldige und ruhige Beobachten von Tieren.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Lebensraum Schulteich. Auf der ersten Doppelseite soll der Lebensraum um den Schulteich genauer betrachtet werden. Die Pflanzen und Tiere am und im Wasser werden mit verschiedenen Hilfsmitteln sowie Versuchen untersucht. Im Zentrum steht die Wahrnehmung des Teiches als ökologisches System. Die folgende Doppelseite widmet sich der Entwicklung von Amphibien. Besonders betrachtet werden die Lebensweise der Frösche und Teichmolche. Den Tieren beim Wachsen zuzusehen und die einzelnen Stadien der Metamorphose kennenzulernen, wird im zweiten Teil in den Mittelpunkt gerückt. Die dritte Doppelseite setzt sich mit den Libellen auseinander. Wieder sollen Lebensweise und Körperbau der Tiere genau betrachtet werden. Weiterhin werden die Paarung und die Entwicklung von Libellen behandelt. Es folgt eine Doppelseite zur Kartierung eines Teiches. Ziel ist die Anfertigung eines Teichprofils. Die Schüler lernen außerdem verschiedene Methoden zur Messung der Teichgröße, des Tiefenprofils und der Sichttiefe kennen. Im Weiteren soll die Wasserqualität bestimmt werden. Auch dazu erlernen die Schüler Methoden.
Im dritten Kapitel steht die Beobachtung von Vögeln im Vordergrund. Dazu beobachten die Schüler die Vögel rund um die Schule mit Ferngläsern und bestimmen die Arten. Darüber hinaus werden wertvolle Tipps zur Beobachtung der Tiere gegeben. Es schließt sich eine Doppelseite an, auf der die Beobachtung von Vogelnestern mithilfe von Webcams vorgeschlagen wird. Die technischen Voraussetzungen für diesen Unterricht werden beschrieben und mögliche Beobachtungsschwerpunkte vorgestellt. Die dritte Doppelseite schlägt vor, verschiedene Federn zu sammeln und diese zu untersuchen. Dabei können die unterschiedlichen Arten von Federn thematisiert werden. Außerdem lassen sich der Aufbau von Federn und ihre Funktionen beschreiben.
Daran an knüpft das vierte Kapitel, in dem Kräuter, Gräser und Blumen im Fokus stehen. Zunächst stellt das Heft die Erkundung einer Blumenwiese vor. Dabei soll die Wiese als Lebensraum für Tiere und Pflanzen erkannt werden und bewusst das Erleben in diesem Biotop in den Mittelpunkt rücken. Weiterhin wird die Kartierung einer Blumenwiese vorgeschlagen. Hilfreiche Tipps zur praktischen Umsetzung werden gegeben. Eine weitere Möglichkeit, Kräuter, Gräser oder Blumen besser kennenzulernen, bietet das Anlegen eines Herbariums. Anweisungen zum Pressen der Materialien und zum Anlegen eines Herbarbogens und Sammelordners finden sich ebenfalls. Auf der folgenden Doppelseite wird der Schulgarten im Kontext zum Thema Ernährung gestellt. Der Anbau, die Ernte und die Verarbeitung von Produkten aus dem Schulgarten bieten ein Erlebnis. Konkrete Anhaltspunkte für den Ablauf der Ernte und zum Transfer in den schulischen Unterricht komplettieren die Seiten.
Das fünfte Kapitel setzt sich mit Bäumen und Sträuchern auseinander. Beginnend mit der Bestimmung von Alter und Höhe eines Baumes, werden fachübergreifende Bezüge zur Mathematik hergestellt. Die praxisnahe Anwendung von mathematischen Methoden bildet den ersten Schwerpunkt des Kapitels. Das Kartieren von Bäumen und Sträuchern im Schulgarten wird auf den folgenden zwei Seiten behandelt. Dazu werden verschiedene Materialien und Fertigkeiten benötigt, die praxisnah erprobt werden können. Darauf aufbauend kann ein Baum- und Strauchlehrpfad angelegt werden. Die folgende Doppelseite gibt einen Einblick in verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten. Das Vorhaben kann auch als Projekt, gemeinsam mit Eltern und Familien durchgeführt werden. Abschließend wird das Augenmerk noch einmal auf die Rinde von Bäumen gelegt. Die Schüler sollen die Baumrinde ertasten, einen Abrieb erstellen oder die Rinde in Gips gießen. Auf diese Weise lernen sie den Aufbau einer Baumrinde kennen.
Im vorletzten Kapitel sind Käfer, Hummeln, Bienen und Co. im Fokus. Die ersten zwei Doppelseiten schlagen vor, die Tiere mit einer Lupe oder einem Mikroskop zu beobachten. So lernen die Schüler den Körperbau verschiedener Insekten kennen. Auch zwischen nützlichen und schädlichen Insekten kann dabei unterschieden werden. Die Suche der kleinen Tiere kann manchmal schwierig sein – dazu werden ebenfalls hilfreiche Tipps gegeben. Darüber hinaus werden auch die Unterschiede zwischen Lupe, Vergrößerungsglas und den unterschiedlichen Arten von Mikroskopen aufgezeigt. Im Weiteren werden Möglichkeiten für eine künstlerische Dokumentation des Schulgartens aufgezeigt. Zeichnungen von Tieren können dabei sehr verschieden sein: gemalt, naturnah oder naturgetreu. Ein Projekt, das vor allem in Kombination mit dem Fach Kunst anzusiedeln ist. Zusätzliche fachübergreifende Optionen bieten sich mit dem Fach Deutsch an, in dem die Schüler über den Schulgarten schreiben. Egal ob über Sach- oder Prosatexte, Gedichte, Redensarten oder andere Textarten wird ein neuer Zugang zur Thematik geschaffen. Ferner kann auch mit Fotos über eine Digitalkamera eine Dokumentation des Schulgartens erfolgen. Die Bearbeitung der Bilder kann dazu dienen, neue Blickwinkel einzunehmen oder den Fokus auf ein bestimmtes Objekt zu legen.
Das letzte Kapitel weist darauf hin, dass auch bei diesen eher praktisch angelegten Vorschlägen die Förderung von Medienkompetenz Eingang finden kann. Suchmaschinen können zur Beschaffung von Informationen beitragen und die Gestaltung von Texten, Referaten oder Präsentationen unterstützen.
Reflexion
Das Heft besitzt einen informierenden Charakter und stellt Unterrichts- und Projektvorschläge für den Schulgartenunterricht zusammen. Es ist handlungsorientiert angelegt, ermöglicht Forschendes Lernen und zeichnet sich durch seine überaus gelungene Darstellung des Potenzials von Schulgärten mit einfachen Materialien aus. Letztgenannte sind vielfältig, gelungen ausgewählt und bieten facettenreichen Zugänge an. So unterstützt es Lehrkräfte bei der Auswahl von Schwerpunkten im Unterricht. Die Texte sind einfach und anschaulich geschrieben, die Bilder und Grafiken ergänzen sich gut und erleichtern den Transfer in den Unterricht. Besonders lobenswert sind die fachübergreifenden Ansätze und die Gestaltung der Vorhaben als Projekte im Unterricht. Dennoch birgt das Projekt-Format auch die Gefahr, dass die Zeit für die Umsetzung fehlt. Ferner ist die Lehrkraft besonders gefragt, da handlungsorientierte Lernarrangements immer mit einem hohen Zeit- und Organisationsaufwand verbunden sind.
[1] Aus Gründen der besseren Lesbarkeit findet im Folgenden nur die maskuline Form Anwendung.
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