Durchblick, Gesellschaftslehre 5/6
Das Schulbuch „Durchblick, Gesellschaftslehre 5/6, Niedersachsen, Differenzierende Ausgabe“ ist 2020 erstmalig im Westermann-Verlag erschienen. Als Lehrwerk ist es ausgelegt auf den Unterricht im Fach Gesellschaftswissenschaften der Klassenstufe 5/6 an integrierten Gesamtschulen in Niedersachsen. Das Fach vereint die Unterrichtsfächer Geschichte, Erdkunde und Politik. In der Praxis werden sie vielfach epochal unterrichtet, sodass sich Schwerpunkte bilden lassen, die fächerübergreifend betrachtet werden. So beispielsweise beim Thema Ernährung oder Landwirtschaft, wie in den zwei Kapiteln „Über den Tellerrand schauen: Wie erlebe ich unterschiedliche (Ess-)Kulturen?“ oder „Leben und Überleben – Wie viel Natur brauche ich?“. Zum Buch kann eine BiBox erworben werden, mit der sich die Materialien digital nutzen lassen.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung der Seiten des Schulbuches haben die Lernenden die Möglichkeit, zahlreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, die vom Kerncurriculum des Landes Niedersachsen gefordert werden. Die Themen der Kapitel entsprechen exakt den Vorgaben und Formulierungen des Lehrplans, sodass eine Sicherstellung des Kompetenzerwerbs gemäß der staatlichen Vorgaben gewährleistet ist. So sollen die Kinder die naturräumliche Ausstattung als Grundlage für die landwirtschaftliche Nutzung erkennen und beschreiben. Ein besonderer Fokus soll dabei auf der eigenen Heimatregion liegen. Diese Forderung setzt das Schulbuch auf einer Seite um, die sich mit dem Erfolg der deutschen Landwirtschaft auseinandersetzt. Eine weitere Doppelseite thematisiert dann das vom Curriculum geforderte Spannungsfeld zwischen Konsument:innen und Produzent:innen, indem es die Auswirkungen der konventionellen landwirtschaftlichen Produktion auf die verschiedenen Produktionsfaktoren wie Boden, Tiere und Landschaft aufgreift. Unter dem Aspekt der Regionalität geht das Buch auf regionale und saisonale Lebensmittel ein. Auch die Bedeutung von Werbung für den Konsum wird beleuchtet, vor allem mit Blick auf die Entscheidung, Lebensmittel aus ökologischer Produktion bzw. Fleisch zu kaufen. Das Buch bietet hierzu ebenfalls eine Doppelseite an.
Neben den fachlichen Kompetenzen können Lernende mit dem Schulbuch methodische Kompetenzen erwerben. Dabei kann zwischen fachspezifischen Arbeitsmethoden wie dem Lesen und Auswerten einer physischen Karte und fachübergreifenden Arbeitstechniken wie der Gestaltung eines Lapbooks oder der Erstellung einer Zeitleiste unterschieden werden. Darüber hinaus gibt es Aktiv-Seiten, die handlungsorientierte Lernvorhaben fokussieren, wie beispielsweise einem Projektlernen oder dem Lernen an Stationen zu einem bestimmten Thema.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Schulbuch verfügt über einen festen Hardcovereinband und ist im Format etwas kleiner als kleiner als DIN A4. Der Einband zeigt eine Zeitleiste, auf der die wesentlichen historischen Epochen vermerkt sind. Darunter finden sich Methoden für gemeinsames/kooperatives Lernen, die in kleinen Kästen erläutert werden. Es folgt die Titelseite mit der Nennung der Autor:innen. Danach schließt sich auf einer Seite das Impressum sowie die Tipps zum Lernen mit dem vorliegenden Schulbuch an. Hinweise zum Aufbau der Kapitel, zur Gestaltung der Texte und Aufgaben sowie den Anmerkungen an den Seitenrändern folgen. Insgesamt umfasst das Lehrwerk acht Kapitel, die durch den Anhang komplettiert werden. Die Kapitel beginnen mit Einstiegsdoppelseiten, die einen ersten Einblick in das jeweilige Thema geben. Mithilfe einer großen Überschrift, Bildern und kleinen Fragen, erfolgt eine gezielte Steuerung auf die jeweiligen Lernziele. Zudem gibt es zahlreiche Themendoppelseiten, die in bekanntem Format unterschiedliche Strukturelemente miteinander kombinieren: Texte, Bilder, Grafiken, Tabellen, Karten und Diagramme. Wie bereits in der Betrachtung der curricularen Passung dargelegt, verfügt es außerdem über Methodenseiten und Aktiv-Seiten, die das Ziel verfolgen, methodische Kompetenzen zu fördern. Die Kapitel schließen mit Zusammenfassungen, in denen die wesentlichen Aspekte der Kapitel resümiert werden. Im Anhang befinden sich die Lösungstipps zu den einzelnen Aufgaben, das Text- und Bildquellenverzeichnis sowie eine Übersicht zu den Operatoren und ihrer richtigen Lösungsstrategie. Der Rückeinband zeigt eine politische Weltkarte.
Reflexion
Insgesamt lässt sich sagen, dass das Schulbuch übersichtlich, strukturiert und ansprechend gestaltet ist. Die Texte sind nummeriert und heben sich durch Überschriften voneinander ab. Der Schwierigkeitsgrad ist angemessen, wenngleich von einem modernen differenzierenden Lehrwerk erwartet werden kann, dass differenzierende Texte und Materialien zur Verfügung gestellt werden. Fachbegriffe und wichtige Fremdworte sind unterstrichen und in der Randspalte erläutert. Inhaltlich kann festhalten werden, dass die Aussagen teilweise stark didaktisch reduziert wiedergegeben werden. Das fällt insbesondere bei den Darstellungen der geografischen und landwirtschaftlichen Zusammenhänge auf. So kommt es zu falschen Aussagen, z. B. „Die Börden in Norddeutschland“ oder „anspruchslosere Pflanzen wie Obst und Gemüse“ (S. 94). Darüber hinaus werden wesentliche Fachbegriffe wie Strukturwandel, Sonderkulturen oder Spezialisierung, obwohl der Lehrplan diese vorgibt, nicht genutzt. Zudem kann konstatiert werden, dass einige Überschriften etwas unglücklich gewählt sind. So wird im Kontext der naturräumlichen Gunst von der „erfolgreichen Landwirtschaft in Deutschland“ (ebd.) gesprochen, eine Ebene der Verallgemeinerbarkeit, die mit einer Übertragung auf andere Regionen der Erde einher gehen würde, wird nicht erreicht. Gleiches gilt für die Überschriften auf der Doppelseite zur konventionellen Landwirtschaft, die mit „Welche Auswirkungen hat Landwirtschaft?“ überschrieben wird. Hier wird in den Überschriften verstärkt von „Folgen“ gesprochen, welche jedoch eher eindimensional und verkürzt dargestellt werden. Auch die Wiederholungen innerhalb der Texte fallen auf. Wichtig wäre es, die Nutzung der entsprechenden Fachbegriffe zu fokussieren und Formulierungen zu verwenden, die nicht in umgangssprachliche und teilweise pauschale Aussagen münden. Eine klarere Unterteilung zwischen Ackerbau und Tierhaltung sowie eine eindeutige Zuweisung zur konventionellen Landwirtschaft wäre angebracht.
Die Bilder sind passend gewählt und holen die Schüler:innen in ihrer Lebenswelt ab. Teilweise werden sie jedoch eher als Platzhalter genutzt und haben keinen weiteren Wert für den Kompetenzerwerb der Lernenden (z. B. M6, S. 97), was vermieden werden sollte. Weiterhin kann gesagt werden, dass sich zum Teil fehlerhafte Bildbeschreibungen finden lassen. So wird M3 auf Seite 96 mit „Aufbringen von Dünger“ bezeichnet, wobei es sich um Gülle handelt. Auch M5 auf Seite 97, unterschrieben mit „Schweine in Käfighaltung“, stimmt so nicht, da es sich um Stallhaltung in Kleingruppen handelt. Zwischen M1 auf der Seite 96, bei der es sich um die konventionelle Bodenbearbeitung handeln soll, und M1 auf Seite 98, die die ökologische Bodenbewirtschaftung illustriert, ist kein wesentlicher Unterschied zu erkennen. Diese Fehler sollten bereinigt werden.
Die Karten sind übersichtlich und gut erläutert. Im betreffenden Kapitel zur Landwirtschaft wird auf Seite 95 das Lesen von physischen Karten angebahnt. Aus didaktischer Sicht ist dies jedoch zu kritisieren, da das Lesen und Auswerten thematischer Karten, insbesondere von Bodennutzungskarten an dieser Stelle viel sinnvoller gewesen wäre. Die Schüler:innen hätten während der Stunden zum Thema immer wieder darauf zurückgreifen können. Auch der didaktische Nutzen von Zusammenfassungen ist mittlerweile umstritten und gilt bereits seit den 1960ern als überholt.
Bezüglich der Aufgaben lässt sich festhalten, dass diese differenziert auf drei Niveaustufen vorzufinden sind. Sie sind in ihrer Schwierigkeit aufsteigend gegliedert und es finden sich die im Einband vorgestellten handlungsorientierten Methoden darin wieder. Über Operatoren wird die Erreichung der Lernziele sichergestellt. Diese könnten jedoch etwas stringenter genutzt werden und finden sich nicht bei jeder Aufgabe. Insgesamt lassen sich die Aufgaben sehr gut mit den Materialien lösen, wenngleich die Fachbegriffe noch einmal zusätzlich von der Lehrkraft erläutert werden sollten. Wünschenswert wäre insgesamt ein stärkerer Bezug zum Nahraum, wie es der Lehrplan fordert. Eine Erkundung zu einem außerschulischen Lernort könnte diese Lücke gut füllen und würde exzellent in das Gesamtwerk hineinpassen.
Resümierend lässt sich sagen, dass das Schulbuch einheitlich, übersichtlich und weitestgehend entsprechend der curricularen Vorgaben gestaltet wurde. Bezüglich der sachlich-fachlichen Richtigkeit sind im Zuge der didaktischen Reduktion einige Abstriche gemacht worden, was behoben werden sollte. Auch sprachlich zeigt sich einiger Optimierungsbedarf. Zudem könnten zum außerschulischen Lernen Ideen für die Erkundung des Nahraumes aufgegriffen werden, über die sich die Lernenden in dieser Altersgruppe freuen dürften.
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