Die Kackwurstfabrik
Das Kinderbuch „Die Kackwurstfabrik“ ist 2019 in der siebten Auflage im Klett-Kinderbuch-Verlag erschienen. Es liegt in der übersetzten deutschen Fassung vor. Das Buch setzt sich zum Ziel, das sensible Thema des Stuhlganges für Kinder greifbar, nahbar und verständlich zu machen. Es eignet sich aus diesem Grund besonders für jüngere Kinder vom frühen Vorschulalter bis in die unteren Jahrgänge der Primarstufe. Entgegen der Empfehlung im Einschlag des Buches (ab 7 Jahre) kann es durchaus in Lernsituationen im Kindergarten, der Vorschule oder in der ersten Jahrgangsstufe des Sachunterrichts eingebettet werden, in denen die Seiten vorgelesen, gezeigt und ausführlich besprochen werden und in denen die Lernenden zum Gespräch animiert werden. Denkbar wäre zudem, der Einsatz in einer Projektwoche, in der der menschliche Körper und seine besonderen Funktionen thematisiert würden. Dazu liefert das Buch interessante Aufhänger und Gesprächsanlässe. Beigelegt ist ein Türhänger für das Badezimmer.
Lernziele und Kompetenzen
Das Buch bedient inhaltlich die Kompetenzen der Bildungspläne des Faches Sachunterricht verschiedener Bundesländer. So wird beispielsweise im Lehrplan des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen gefordert, dass die Schüler:innen die Leistungen und Aufgaben einzelner Organe ermitteln und beschreiben sollen. Im Buch wird das auf den Seiten zu den Aktivitäten des Magens, Dünn- und Dickdarms umgesetzt. Die Lernenden erfahren, wie die Substanzen in die Organe gelangen, wie die Organe aufgebaut sind und in welcher Weise die Nahrungsmittel dort verarbeitet werden. Daneben werden kleine Fakten präsentiert, die Alltagswissen liefern und Mythen aus dem Weg räumen. Zudem wird gelegentlich in Form von kleinen Fragen die Auseinandersetzung mit dem Thema angeschoben. Die Fragen werden am Ende des Buches noch einmal aufgegriffen.
Auffällig ist, dass sich bereits beim ersten Durchlesen einige Probleme bei der Kohärenz der vorgestellten Geschichte zeigen sowie sich fehlerhafte fachliche Aussagen finden lassen. Diese kommen verstärkt durch die zu starke didaktische Reduktion der Darstellung zustande.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Kinderbuch verfügt über ein großformatiges Layout mit festem Hardcovereinband. Im Einband lassen sich zahlreiche kleine Abbildungen und Bezeichnungen von „Kackwürsten“ finden. Es folgt die Titelseite, das Impressum und das Inhaltsverzeichnis. Im letztgenannten sind die 14 Seiten des Buches chronologisch aufgeführt. Die Seiten sind inhaltlich doppelseitig gestaltet. Zumeist bestehen sie aus kleinen Texten mit entsprechend zugehörigen großen Abbildungen. Diese sind Zeichnungen und wurden speziell für das Buch angefertigt. Einige Seiten halten kleine Quizze für die Leser:innen bereit, bei denen Abläufe und Erfahrungen beim Stuhlgang ausgetauscht werden können. Herzstück des Kinderbuches ist eine Geschichte, bei der die „Kackwurstfabrik“ vorgestellt wird. Kinder reisen dabei durch die Fabrik, die dem menschlichen Verdauungstrakt nachempfunden ist. Dabei erleben sie direkt, wie dort „gearbeitet“ wird. Abschließend gibt das Buch Tipps zur Verbesserung des Stuhlganges, wie beispielsweise die ausreichende Aufnahme von Ballaststoffen, mehr Bewegung zur Unterstützung des Verdauungstraktes und den Unterschied zwischen Hunger und Appetit.
Reflexion
Resümierend lässt sich festhalten, dass das Kinderbuch kindgerecht, altersadäquat und ansprechend ist. Es hält was es verspricht und regt dazu an, über ein Tabuthema zu sprechen. Besonders gelungen sind die Bilder, die auch als Wimmel- oder Suchbilder genutzt werden können, um die Aufmerksamkeit zu steigern.
Die Texte sind gut zu lesen. Sie verfügen über ein großes Format und heben sich gut von den Bildern ab. Die kleinen Informationstexte besitzen eine andere Schriftart, sodass sie sich einzeln aufgreifen lassen. Inhaltlich sind sie jedoch weniger gelungen, da falsche Aussagen getroffen werden, die durch die zu starke Verkürzung bedingt sind. So werden Bakterien als „kleine Tierchen“ identifiziert. Einzelne Formulierungen sind durch die falsche didaktische Reduktion faktisch sinnfrei („Dein Dickdarm ist kürzer als dein Dünndarm. Dafür ist er ein Stück dicker. Das muss so sein, sonst passt deine Kacke nicht durch.“). Gleiches kann für die Geschichte gesagt werden, die erzählt wird. Sie ist nicht kohärent, teilweise gar absurd und verwirrt die Leser:innen an vielen Stellen, da sie vielfach konstruiert wirkt und keinen eindeutigen Bezug zum Sachverhalt aufweist. Dennoch werden in den Texten alltägliche Redewendungen rund um den Stuhlgang aufgegriffen und ihre Bedeutung auf lustige Weise erläutert, so beispielsweise bei „ein Schisser sein“ oder „Die Kacke am Dampfen haben.“ Zudem werden die Begriffe, die Kinder gerne provokativ verwenden (Scheiße, Kacke, Kackwurst) sehr inflationär verwendet, was zur Enttabuisierung für die jungen Leser:innen beiträgt.
Zu den Bildern ist zu sagen, dass diese ansprechend sind und die Kinder motivieren, sich mit der Thematik zu befassen. Einige Bilder sind jedoch so bunt und vielfältig, dass sie gegebenenfalls für zu viel Ablenkung sorgen und die jungen Leser:innen zerstreuen könnten. Ergänzend dazu fällt auf, dass sich auf den Seiten viel freier Platz befindet. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit sollte dies überarbeitet werden.
Zusammenfassen lässt sich konstatieren, dass sich das Buch gut eignet, um mit Kindern das Thema Stuhlgang anzusprechen. Es werden zahlreiche Gesprächsanlässe geboten und Informationen geliefert. Dringender Überarbeitungsbedarf besteht hingegen aus fachlicher Sicht: Aussagen sollten korrigiert und im Sinne ihrer inhaltlichen Richtigkeit überarbeitet werden. Zudem ist die Kohärenz der Geschichte zu überdenken und ein stärkerer Bezug zum Sachverhalt anzustreben. Insgesamt handelt es sich aber um ein tolles und für Kinder spannendes Buch, einem Tabuthema auf lustige Weise zu begegnen.
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