Schütze die Natur: Plastik - nein, danke!
Das Bilderbuch „Schütze die Natur: Plastik – nein, danke!“ ist 2020 im Beltz-Gelberg-Verlag erschienen. In der Erstauflage heißt es „Smieciogród“ und wurde in polnischer Sprache publiziert. Es eignet sich für Kinder im Vor- und Grundschulalter, die sich mit der Vermeidung von Plastikmüll auseinandersetzen möchten. Daher ist eine Nutzung im Rahmen von Unterrichtsprojekten oder schulischen Arbeitsgemeinschaften sowie eine Anschaffung für die Schulbibliothek sinnvoll. Auch im Rahmen von außerschulischen Lernsettings, kann es Verwendung finden.
Lernziele und Kompetenzen
Mit der Bearbeitung der Inhalte haben die Schülerinnen und Schüler[1]die Möglichkeit, vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erlernen, die sich in den Bildungsplänen der Bundesländer wiederfinden. So wird beispielsweise im niedersächsischen Kerncurriculum der Grundschule für das Fach Sachunterricht in der fachlichen Perspektive Technik ausgewiesen, dass die Lernenden über grundlegende Kenntnisse der Entsorgung verfügen. Dazu gehört die Unterscheidung von Abfall- und Wertstoffen, die Beschreibung der regionalen Abfallentsorgung und -verwertung sowie von Recycling-Prozessen an unterschiedlichen Beispielen. Auch wiederverwertbare Materialien und Objekte und Möglichkeiten der Abfallvermeidung sollen bekannt sein. Mit dem Buch können diese Inhalte aufgegriffen werden. So bietet es beispielsweise eine Doppelseite an, auf der „natürliche Verpackungen“ wie die Muschel oder die Bananenschale abgebildet und erklärt werden, zudem wird auf andere Verpackungen aus Naturmaterialien wie Blätter, Flechtkörbe oder Tongefäße eingegangen. Mit zunehmenden Produktionsaufwand kommen auch modernere Aufbewahrungsmöglichkeiten zur Sprache wie Glas- oder Kunststoffgefäße. Auch auf die Trennung und Entsorgung geht das Buch ein, indem es die unterschiedlichen Wertstofftonnen vorstellt. Folgen der übermäßigen Müllproduktion legt das Buch ausführlich am Beispiel der Meere dar.
Aufbau und Analyse des Buches
Das Buch verfügt über einen festen Einband und eine angenehme Haptik. Es steigt mit einem kleinen Vorwort ein, bevor das Inhaltsverzeichnis abgedruckt ist. Die ersten Seiten dienen verstärkt der Erläuterung von Arbeits- und Fachbegriffen. Dabei werden auch aktuelle Wortneuschöpfungen wie „Minimalismus“ oder „Zero-Waste“ definiert. Nach der kleinen Einführung wird zunächst auf „natürliche Verpackungen“ eingegangen und schrittweise die zunehmende Bearbeitung unterschiedlicher Werkstoffe durch den Menschen angesprochen. Über natürliche Rohstoffe zur Produktion von Aufbewahrungsgefäßen wie Blätter, Körbe, Keramik und Bambus hin zur chemisch-synthetischen Produktion von Papier, Glas und Kunststoff. Danach greift das Buch speziell die Verpackung von Lebensmitteln in Supermärkten auf und erklärt den Weg vom Erzeuger zum Verbraucher am Beispiel eines Erdbeerjoghurts. Auch die Entsorgung des Abfalls auf Müllkippen wird dargelegt. Während früher noch ein Großteil des Mülls kompostiert werden konnte, müssen heute Müllverbrennungsanlagen arbeiten. Weiterhin wird der Prozess des Recyclings beleuchtet und die Wertstofftrennung in den Blick genommen. Dazu zählen neben den Mülltonnen auch die Altglas- und Pappcontainer. Auch der Kompost als spezielle Form des Recyclings wird thematisiert sowie andere Konzepte des „Zero-Waste“, „Freegan“ oder „Foodsharing“. Einen weiteren wesentlichen Aspekt zum Thema Plastikmüll greift das Buch auf den folgenden Seiten auf, in denen es um Plastik im Meer geht. Vor allem die Müllstrudel und die Tiere, die die schwimmenden Plastikteile fälschlicherweise als Nahrung wahrnehmen, sind davon betroffen. Erste Erfolge der Wissenschaft, die Bakterien züchtet, die Kunststoff fressen, werden betrachtet. Ferner wird der Weltraummüll als Problem identifiziert. Zudem steht das Geschäft mit dem Müll und seiner Entsorgung sowie der Handel, der immer noch auf Plastiktüten setzt, im Zentrum der Auseinandersetzungen. Plastik aus dem Alltag wie Einweggeschirr, Strohhalme oder Zahnbürsten werden ebenfalls kritisch beleuchtet. Die letzten Seiten beschäftigen sich mit Möglichkeiten der nachhaltigen Alternativen und Verhaltensanpassungen. Das Aufsammeln von Müll, das Trinken von Leitungswasser und die Weitergabe von Gebrauchsgegenständen, für die man selbst keine Verwendung mehr hat, sind nur einige Anregungen, die gegeben werden. Das Buch schließt mit fünf goldenen Regeln für einen nachhaltigen Konsum und Verbrauch.
Begleitet werden diese Darstellungen von bunten Illustrationen und kleinen Erläuterungen, die in Schreibschrift daneben geschrieben sind. Am Ende findet sich ein kleines Wörterbuch, in dem die genutzten Fachbegriffe und Fremdwörter nochmal erklärt werden.
Reflexion
Die Analyse des Bilderbuches hat bereits gezeigt, dass es durch die bunte Bebilderung, die ansprechende Haptik und Seitengestaltung und den stringenten Aufbau gekennzeichnet ist. Es besticht darüber hinaus durch die Aktualität der Thematik, die guten curricularen Anknüpfungsmöglichkeiten sowie die lebensweltlichen Bezüge, die durch die gute Abstimmung zwischen Text und Bild gegeben sind.
Die Texte sind in großer Schrift geschrieben und durch Absätze gegliedert. Wichtige Sätze oder Aussagen werden fettgedruckt, Fremdwörter oder Fachbegriffe sind unterstrichen. Zusätzliche Erläuterungen sind in Schreibschrift daneben oder darunter verfasst und verweisen mit einer pfeilartigen Linie auf die entsprechende Textzeile. Obwohl dies ein Kinderbuch ist und diese verschiedenen Gestaltungselemente anregend sein sollen, könnten die wenig geübten Erstleser hier Probleme bekommen, wenn sie sich auf die unterschiedlichen Formatierungen einstellen müssen. Außerdem bergen sie großes Ablenkungspotenzial. Auf einigen Seiten sind die Texte zudem sehr lang, sodass die Kinder unter Umständen demotiviert werden. Kurze Texte und ein einheitliches Layout wären mit Blick auf die Zielgruppe passender. Inhaltlich lässt sich feststellen, dass neben den unbekannten Begriffen weitere Wörter und Formulierungen genutzt werden, die nicht dem Wortschatz eines Vor- oder Grundschulkindes entsprechen. Auch darauf sollte unter Berücksichtigung der Heterogenität der Schülerschaft geachtet werden. Wünschenswert wären kurze Sätze und prägnante Formulierungen, die die Lernenden aus ihrer Lebenswelt abholen und sie nicht überfordern. Auffällig ist auch die kritische oder fehlende kritische Haltung gegenüber einigen Themen. So gilt „Freegan“, wenn es nicht dem klassischen Foodsharing entspricht, bei dem es eine zentrale Anlaufstelle für nicht mehr zu verkaufende Lebensmittel gibt, sondern vom Sammeln von Lebensmitteln aus den Containern der Supermärkte gesprochen wird („Containern“) vielerorts als Straftat. Hier sollte eine klarere Distanzierung erfolgen. Ein anderer Aspekt ist, dass die kritische Haltung bereits mit den Inhalten vermittelt wird – so beispielsweise bei der Doppelseite zur „Fischsuppe“, auf der Müllstrudel erklärt werden. Eine klarere Trennung zwischen Inhalt und Meinung wäre hier zwingend erforderlich. Dabei kann außerdem schnell festgestellt werden, dass die Kinder viele der Themen, die aufgegriffen werden, noch gar nicht verstehen können, weil ihnen das Vorwissen und die Kompetenzen fehlen, die in der Schule gelegt werden müssen. Treibhausgase, CO2-Bilanz oder organische Abfälle sind Begriffe, die erst ab der achten oder neunten Klasse in der Schule besprochen werden.
Die Bilder sind gut auf die Texte abgestimmt. Sie sind motivierend und ergänzen die Informationen aus dem Text. Auf diese Weise regen sie auch die Vorstellung der Kinder an, sich mit den teilweise abstrakten Themen wie Müllstrudel oder Plastiksuppe auseinanderzusetzen.
Abschließend kann gesagt werden, dass sich das Bilderbuch gut eignet, wenn Kinder sich näher mit der Thematik Plastikmüll auseinandersetzen möchten. Vor allem ergänzend zu einer Projektwoche, einem Kurzreferat oder für die Schulbibliothek ist es sehr gut geeignet. Dennoch muss mit Blick auf die schwierigen und wenig zielgruppengerechten Texte eine gewisse Begleitung des Lesens durch eine Lehrkraft oder eine andere erwachsene Person erfolgen. Sehr spannend und optimal ergänzend würde eine Erkundung eines außerschulischen Lernortes sein, wie einer Mülldeponie/-verbrennungsanlage, bei dem die Lernenden den hohen Verbrauch und das Recycling von Wertstoffen mit eigenen Augen sehen können. Eine Müllsammelaktion auf dem Schulhof oder dem Sportplatz würde thematisch ebenso gut passen wie die Kartierung des Inhalts von Mülleimern auf dem Schulgelände.
[1]Im Weiteren findet zur besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum Anwendung.
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