Alles Lecker! Von Lieblingsspeisen, Ekelessen, Kuchendüften, Erbsenpupsen, Pausenbroten und anderen Köstlichkeiten
Das vorliegende Kinderbuch „Alles Lecker!“ ist 2020 in der fünften Auflage im Klett-Kinderbuch-Verlag erschienen. Thematisch setzt es sich mit unserem Essen, dessen Herkunft, verschiedenen Ernährungsmöglichkeiten und -arten sowie mit der Nahrungsaufnahme auseinander. Als Zielgruppe eignen sich Kinder ab einem Alter von drei Jahren bis ins frühe Schulalter, für die das Buch vorgelesen und gemeinsam darüber gesprochen werden könnte. Zudem empfiehlt sich in schulischen Settings eine Umsetzung als Projektwoche, für die das Buch als Aufhänger oder als Abschluss dienen könnte. Die Themen zur Agrar- und Ernährungswirtschaft werden vor allem auf den ersten Seiten des Buches angesprochen.
Lernziele und Kompetenzen
Mit dem Kinderbuch lassen sich bei den Lernenden zahlreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten fördern, die sich in verschiedenen Lehrplänen wiederfinden. So wird beispielsweise im allgemeinen Perspektivrahmen des Faches Sachunterricht unter der geografischen Perspektive gefordert, dass die Schüler:innen Lebenssituationen nah und fern kennen und verstehen lernen. Das Buch setzt diese Forderungen beispielsweise auf der Doppelseite zum Frühstück in aller Welt um, auf der Kinder aus unterschiedlichen Staaten der Erde mit ihrem Essen abgebildet sind. Das jeweilige Mahl wird auch differenziert beschrieben. Auf der folgenden Seite werden die verschiedenen Arten von Pausenmahlzeiten der Kinder in gleicher Weise beschrieben. Auch über Ernährungsgewohnheiten sowie -trends wird ausführlich gesprochen und die Unterschiede zwischen Vegetarier:innen, Pescetarier:innen und Veganer:innen verdeutlicht.
Ein weiteres Thema, dass sich in den Curricula findet, ist der Vergleich der Haltungsformen der Nutztiere und die historische Betrachtung dieser Aspekte. Dies setzt das Kinderbuch bereits auf den ersten Seiten um. Dabei wird zunächst auf die frühere Arbeit mit den Tieren eingegangen bevor die Betrachtung aktueller Prozesse erfolgt. Vor allem die ökologische und konventionelle Haltung werden aufgegriffen.
Das Kinderbuch erzählt keine Geschichte, wie es für derartige Gattungen üblich ist, sondern greift einzelne Themen rund um die Agrar- und Ernährungswirtschaft auf, die auf den Seiten in einen lockeren Zusammenhang gebracht werden. So bauen die Inhalte der Seiten nicht aufeinander auf und können separat betrachtet werden.
Aufbau und Analyse der Kapitel
Das Kinderbuch hat einen Hardcovereinband und ein quadratisches Format. Die ersten Seiten sind Titelseiten und zeigen die Überschrift und einzelne Illustrationen. Ein Inhaltsverzeichnis, Seitenzahlen oder Seitenüberschriften gibt es nicht. Auf den Seiten werden Texte und Bilder miteinander kombiniert. Die Texte unterscheiden sich vom Stil: Während bei den Erläuterungen überwiegend serifenlose Druckschrift genutzt wird, kommt bei den Bildern mehrheitlich Schreibschrift zum Einsatz. Die Bilder sind handgezeichnet und gezielt auf die Texte abgestimmt.
Die erste Doppelseite wendet sich der Unterscheidung von Pflanzen-, Fleisch- und Allesfressern zu. Auch die Besonderheit des Menschen, der seine Speisen als einziges Lebeweisen erhitzt, wird behandelt. Es folgt die Doppelseite zur Haltung von Nutztieren, wobei früher und heute kontrastiert werden. Gleichsam wird zwischen artgerechter und artungerechter Haltung unterschieden sowie ein Bezug zur Konsumorientierung im Supermarkt gebracht. Daran schließt sich eine Doppelseite an, welche die Spezialitäten aus aller Welt abbildet. Auch Besonderheiten in der Ernährung einzelner Kulturen oder Glaubensrichtungen sowie Ernährungstrends (vegan, vegetarisch etc.) kommen zur Sprache. Die vierte Doppelseite setzt sich mit den verschiedenen Frühstücksgewohnheiten nach Ländern auseinander, zugleich werden unterschiedliche Pausenbrote und ihr Konsum vorgestellt. Im Weiteren geht es um Essgewohnheiten wie schnelles oder langsames Essen, Essen in Gemeinschaft oder allein usw. Auch die Tätigkeiten, die während des Essens ausgeführt werden, betrachtet das Buch ausführlich. Zudem werden Anlässe für gewisse Speisen angesprochen und sich wiederholende Bräuche rund um das Essen thematisiert. Zur Sprache kommen darüber hinaus die Nahrungsmittelverfügbarkeiten in Äthiopien und Deutschland. In diesem Kontext geht das Buch auch auf den Klimawandel, das Wegwerfen von Lebensmitteln und das übermäßige Angebot in einigen Weltregionen ein. Ferner werden Launen oder Gefühle, die Essen auslösen kann, beleuchtet. Abschließend betrachtet das Buch verschiedene Geschmacksrichtungen von bitter bis umami, erläutert, warum Kinder gerne Süßes essen, und enthält einen kleinen Fragebogen zum Thema, mit dessen Hilfe Gesprächsanlässe angestoßen werden können.
Reflexion
Zunächst ist festzuhalten, dass das Kinderbuch ansprechend gestaltet, zieladäquat und außerordentlich spannend für die entsprechende Zielgruppe gestaltet ist. Die Seiten sind bunt und ermöglichen gute Zugänge, sich mit den entsprechenden Themen näher auseinanderzusetzen. Insbesondere die Bilder sind für die Kinder motivierend und holen sie aus ihrer Lebenswelt ab. Sie können sich dadurch direkt in die Situationen einfühlen und verstehen die dargestellten Sachverhalte leichter.
Die Texte verfügen über zwei verschiedene Schriftarten: Während die Erläuterungen in Druckschrift stehen, sind die Bilder mit Schreibschrift betextet. Hinzu kommt, dass die Inhalte der Sprechblasen in Blockbuchstaben geschrieben sind. Diese verschiedenen Stile verwirren und verunsichern jedoch die jungen Lernenden. Wünschenswert wäre ein einheitlicher Stil, der durchgehend genutzt wird. Das Buch erinnert an ein Brainstorming, das ein Erwachsener sich zu diesem Thema macht. Sehr, sehr viele Punkte werden angeführt, jedoch wenig lehrreich ausgeführt. Bei einigen Aspekten kommt es zu wertenden und verkürzten Aussagen. So wird hinsichtlich der landwirtschaftlichen Produktion eine sich diametral gegenüberstehende Ausführung bezüglich ökologischer und konventioneller Erzeugung gewählt. Dieses wird insbesondere an den beiden Bildern und den zugehörigen Erklärungen deutlich. Während die ökologische Haltung idyllisiert ist, ist die konventionelle Haltung negativ konnotiert. Hier sollte weniger eine kontrastierende Gegenüberstellung erfolgen, sondern stärker auf eine objektive Darstellung gesetzt werden. Außerdem ist insbesondere diese Doppelseite gespickt mit Behauptungen, die nicht für sich stehen können und zusätzlich erläutert werden sollten. Dazu zählt beispielsweise die pauschale Annahme, dass Obst und Gemüse oft mit Insektengift behandelt sind oder das Kälber zusammengepfercht auf Viehanhänger geladen werden. Kritisch ist ferner, die stereotypisierende Darstellung bei den Ernährungsgewohnheiten ohne jede weitere Erläuterung. Besonders deutlich wird das bei der Vorstellung der Spezialitäten und der Zusammenstellung des Frühstücks. Zudem kann von einer eurozentrierten Darstellung gesprochen werden. Wünschenswert wäre eine Ausweitung der Darstellung auf andere Kulturerdteile wie Ozeanien oder Südamerika sowie eine Änderung der Platzierung, ohne dass die deutsche Perspektive im Zentrum steht.
Auch im weiteren Verlauf des Buches wird viel mit Pauschalisierungen gearbeitet, wie beispielsweise mit stark vereinfachten Darlegungen („Sie will gar nichts essen und ist deswegen viel zu dünn.“). Andere Erklärungen werden leider nicht angeführt. Zudem gibt es einige Abbildungen, die nur wenig kindgerecht sind, wie zum Beispiel der Großvater, der krank im Bett liegt und künstlich ernährt wird.
Abschließend ist zu sagen, dass das Lehrwerk auf den ersten Blick ansprechend, altersgerecht und qualitativ hochwertig aufbereitet ist. Auf fachlich-inhaltlicher und didaktischer Ebene finden sich jedoch zahlreiche verkürzte Darstellungen, Pauschalisierungen und teilweise falsche Aussagen. Diese Kritikpunkte könnten durch eine stärkere didaktische Aufbereitung, eine objektivere und kindgerechtere Darstellung sowie die Auswahl zielgruppengerechterer Aspekte ausgeräumt werden. Nach einer entsprechenden Korrektur eröffnen sich neue Nutzungsmöglichkeiten, vorher kann es nicht zum Einsatz in Lehr-Lern-Situationen empfohlen werden.
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